Es braucht Zeit – das war mein größter Aha-Effekt gestern. Es geht nicht wie bislang angenommen, um Infant Handling, sondern darum, dass wir lernen, uns von Anfang an bewegungsökonomisch zu bewegen. Bevor die Geburt ungeplant im Kaiserschnitt endet, der Rücken vom vielen Tragen schmerzt, die Arthrose anklopft oder die ersten Altersgebrechen kommen. 

Warum lohnt sich Kinästhetik?
Zum einen sind wir für unsere Kinder dann das richtige Vorbild: Sie lernen von Anfang, sich spiraldynamisch zu bewegen. Wir unterstützen die Integration der frühkindlichen Reflexe und verhelfen ihnen zu einer Bewegungskompetenz, von der sie ihr ganzes Leben lang profitieren. Von diversen Entwicklungsproblemen, Muskel-Dysbalancen und ungünstigen Kompensationsmustern mal abgesehen.
Zum anderen eigenen wir uns eine eigene Bewegungskompetenz an, die uns im Alltag hilft, fit zu bleiben. So wird die Kaiserschnittwunde weniger belastet und die Faszien, das Narbengewebe bleiben geschmeidig, die Knie werden weniger beansprucht und der Rücken freut sich. Doch leider ist dieses Wissen, vor allem, wie das konkret im Alltag sieht, weitestgehend unbekannt. Einen ersten Eindruck gibt es im Youtube-Kanal von Liane: https://www.youtube.com/c/LianeEmmersberger/videos Hier lohnt es sich, tatsächlich mal durch alle Videos durchzuschauen und das langsam für sich selbst auszuprobieren. Optional sogar sich dabei selbst zu filmen.

Es braucht Zeit
Und wer nun einen ersten Eindruck hat, wie ein kinästhetisches Handling im Alltag aussehen kann, braucht nur noch Zeit. Zeit, um den Prozess vor allem im Umgang mit Neugeborenen, größeren Babys oder auch Kleinkindern so weit zu verlangsamen, dass auch die Reaktionen des Gegenüber spürbar werden oder auch die eigenen Körperrückmeldungen wahrgenommen werden können. Wann blockiert das Baby, streckt sich durch, wendet sich ab, verweigert den Augenkontakt? Wie fühlt sich mein Körper an, wo entsteht Spannung, Schmerz oder vielleicht Entspannung? Es braucht Zeit, um dieses besondere, achtsame Handling einzuüben und natürlich auch Zeit, um die Bewegungsabläufe an die Entwicklungsschritte des Kindes anzupassen und in den Alltag so integrieren, dass sie mühelos, ohne nachzudenken ausgeführt werden können. Und ein „bisschen“ Zeit, sich selbst zukünftig spiraldynamisch, fließend und elegant wie Liane zu bewegen. 

Halt mal kurz!
Gleichzeitig braucht es Wissen darüber, an welchen Stellen wir im Alltag überhaupt ganz unbewusst zu ungünstigen Bewegungsformen neigen, weil wir es ganz einfach nicht anders wissen und nirgendwo abschauen können. Wir tragen und heben unsere Babys so unfassbar oft und überstrecken sie damit, was wiederum für die Integration von frühkindlichen Reflexen nicht sehr förderlich ist – im Gegenteil! 

Wir heben sie vom Boden aus, wir heben sie auf den Wickeltisch, wie heben die Beine an und ziehen sie zum Wickeln hoch, wir legen uns das Baby auf die Schulter und ziehen es runter in die Trage oder tragen es nur so, weil wir das so gesehen haben. Wir heben das Baby in den Kinderwagen und wieder hinaus. Wir tragen Kinder mit einer Hand zwischen den Beinen vor uns her oder im Fliegergriff durch die Wohnung. Kurzum: Wann immer die kleinen Beinchen gerade runterhängen oder gar der halbe Körper, weil wir sie unter den Armen hochheben, sind alternative Bewegungsabläufe und neue Muster gefragt. Auch hier lohnt sich wieder der Blick, in die Playlist von Liane und auch auf ihre Webseite. Hier sind viele Infos zusammengetragen, wie es besser geht: https://www.liane-emmersberger.org/medien Vor allem der Artikel rund um den Fliegergriff und die Motorwiege ist empfehlenswert, da dort auch eine Grafik zum richtigen Tragen drin ist.

Aufruf zum Rumlümmeln
Später geht es dann mit diesen parallelen Mustern weiter, wenn wir bei Beikoststart unsere Kinder in den Hochstuhl setzen, sie in der Betreuung im Morgenkreis und beim Basteln sitzen, im Auto und auf den Fahrradsitz. Später wird in der Schule gesessen, im Studium und abends auf dem Sofa. Mit Folgen für unsere Gesundheit und die unserer Kinder. Machen wir es unseren Kindern einfach mal nach und lümmeln wir nach Herzenslust auf dem Boden rum, im Sand oder wo auch immer wir einfach mal wieder Bodenkontakt brauchen. Krabbeln wir um die Wette und drehen uns nach links hinauf und rechts wieder hinunter.
 Wir sollte unseren Kindern Zeit lassen, damit sie uns folgen können, bevor wir sie heben, tragen und unsere Kraft verschwenden, die wir im Alltag für andere Dinge nutzen können. Davon hat am Ende jeder was.